Lieber Wald, wie geht es dir?

Waldstories

Nach Stürmen, Borkenkäferbefall und der immensen Trockenheit war der vergangene Winter für unseren Wald dringend erforderlich. Denn was den Waldspaziergänger:innen in dieser Zeit matschige Schuhe beschert hat, ist wichtig für den Waldboden: Große Menge an Niederschlag. Im Winter so viel, wie seit gut fünf Jahren nicht mehr. Der Boden ist wieder bis in die Tiefe mit Wasser versorgt. Und das war auch bitter nötig. Der Boden und die Bäume konnten ihre Wasserspeicher wieder füllen und erhalten eine kurze Atempause im Klimastress. Aber: Was bedeutet das für den Sommer?

Trockene Aussichten: Was passiert im Sommer?

Vor allem in den tiefen Schichten des Waldes gab es durch die letzten Jahre ein großes Defizit an Feuchtigkeit. Über die Niederschläge im Winter haben sich unsere Forstleute daher sehr gefreut. Der Waldboden ist wieder gut durchfeuchtet. Das ist wichtig, denn der kommende Sommer könnte wieder sehr trocken werden. Wenn kein Niederschlag nachkommt, können Bäume und Böden schon nach wenigen Wochen wieder in ein Wasserdefizit kommen.

„Die Böden sind zurzeit gut wasserversorgt. Die Bäume können so viel Wasser aufsaugen wie sie brauchen. Jetzt im Mai und Juni, wenn sie ihre Blätter austreiben, ist eine gute Wasserversorgung besonders wichtig. Starke Trockenperioden setzen dem Wald sehr zu. Deswegen sind wir auch in den nächsten Wochen froh über jeden Tropfen Wasser, der vom Himmel fällt.“

Klaus Striepen, Team Waldnaturschutz, Wald und Holz NRW

Auch der Sommer braucht daher Regentage. Das ist gerade für junge Pflanzen wichtig, da sie mit ihren kleinen Wurzeln sonst schnell vertrocknen. So oder so gilt – bis sich der Wald grundsätzlich und umfassend erholen kann, dauert es Jahrzehnte. Daher ist es wichtig, jetzt die richtigen Weichen zu stellen, die richtigen Baumarten anzupflanzen und die Wälder nachhaltig zu bewirtschaften. Kurz: Wir müssen mit der Natur und gegen den Klimawandel arbeiten. Aber die letzten Monate geben Grund zur Hoffnung.
Gerade für junge Pflanzen mit ihren kleinen Wurzeln geht es schnell ums Ganze(Foto: Wald und Holz NRW, Klaus Striepen)
Gerade für junge Pflanzen mit ihren kleinen Wurzeln geht es schnell ums Ganze. Sie sind auf eine kontinuierliche Wasserversorgung angewiesen, um groß und stark zu werden.

Die langfristige Bestandsaufnahme: Unser Wald ist angeschlagen

Dennoch ist klar, unserem Wald geht es nicht gut. Und das ist schlecht für uns. Nicht nur, weil er etwa ein Drittel der Landesfläche NRWs einnimmt. Nein, vor allem, weil unser Wald für uns unverzichtbar ist – u. a. als Kohlenstoffspeicher, Luftfilter und Zuhause von 20.000 Arten. Es ist also umso schlimmer, dass unser Wald so dramatischen Herausforderungen gegenübersteht. Denn extremes Wetter wie Stürme, Hitze und Trockenheit häufen sich im Klimawandel. Und auch der Borkenkäferbefall hat in den letzten Jahren zu schweren Schäden geführt.
Besonders problematisch: 2018 war das trockenste Jahr seit 1959. Diese Tatsache zeigt nur einen kleinen Teil des Problems. So ist der Niederschlag seit Ende des 19. Jahrhunderts sogar um sieben Prozent gestiegen. Aber: Im Winter schwellen die Regenströme immer mehr an, im Sommer bleibt es immer öfter trocken. Und für immer längere Zeit. Wenn es im Sommer regnet, passiert das immer häufiger in Form von Unwettern: Das Wasser fließt dann schnell über den Boden in die Flüsse und ist für den Wald verloren. Die Trockenheit im Sommer sorgt schließlich auch dafür, dass das „Immunsystem“ der Bäume geschwächt ist – und Schädlinge leichtes Spiel haben.
Die jährliche Waldzustandserhebung bestätigt: Es leidet längst nicht nur die Fichte. Nur ein Viertel der Bäume in NRW zeigt dichte und gesunde Kronen, was auf die anhaltende Belastung durch Trockenheit, Schadstoffe und Schädlinge hinweist. Neben den Fichten sind auch andere Baumarten betroffen. So sehen nur noch sieben Prozent der Eichen gesund aus (halb so viele wie 2022) und 12 Prozent der Kiefern (2022 waren es noch 19 Prozent). Und auch der Buche geht es schlechter. Diese ist vor allem durch die starke Trockenheit betroffen.

Der Zustand des Waldes zeigt uns, was zu tun ist

„Der Blick auf 140.000 Hektar Kahlfläche, fast alles tote Fichten, macht klar: Monokulturen, vor allem bestehend aus Nadelbäumen, sind kein Zukunftsmodell. Wir setzen auf klimaangepasste Mischwälder mit mindestens vier Baumarten. Die kommen mit dem Klimawandel besser zurecht und verteilen auch die Risiken von Schädlingsbefall auf mehrere Schultern.“

Tim Scherer, Leiter Wald und Holz NRW

Mehr dazu, warum die NRW-Wälder dringend unsere Hilfe benötigen, erfahrt ihr hier.
Positiv: Ein Viertel der durch Borkenkäfer geschädigten Flächen ist bereits in Form von Naturverjüngung und Neupflanzung wiederbewaldet, was zeigt, dass Fortschritte erzielt werden. Dennoch ist es wichtig, dass unsere Forstleute weiter alles dafür tun können, um die Wälder für zukünftige Generationen zu erhalten und zu schützen.
Ist der Bach sehr gut mit Wasser versorgt, ist das ein Zeichen, dass auch im Waldboden genügend Wasser vorhanden ist.(Foto: Wald und Holz NRW, Carsten Arndt)
Ist der Bach sehr gut mit Wasser versorgt, ist das ein Zeichen, dass auch im Waldboden genügend Wasser vorhanden ist. Denn überschüssiges Wasser fließt oberirdisch in den Bach ab .

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Trotz vorheriger Trockenheit brachte der letzte Winter genug Niederschlag, um die Wasserspeicher des Waldes aufzufüllen. Das ist positiv zu bewerten, aber noch lange kein Grund zur Entwarnung. Denn eine Trockenperiode im Sommer kann die Situation schnell wieder verschärfen. Vor allem langfristig, denn unser Wald in Nordrhein-Westfalen kämpft schon die letzten Jahre mit erheblichen Herausforderungen durch Trockenheit, Schädlinge und den Klimawandel. Der jüngste Waldzustandsbericht zeigt zusätzlich, dass nur ein Viertel der Bäume gesunde Kronen haben. 140.000 Hektar Waldfläche in Nordrhein-Westfalen sind durch Borkenkäferbefall und andere Faktoren geschädigt. Das unterstreicht die dringende Notwendigkeit für die Wiederbewaldung mit klimaangepassten Mischwäldern.
Fortschritte wie die Wiederbewaldung eines Viertels der geschädigten Flächen und staatliche Fördermaßnahmen sind ein starkes Signal. Und nicht nur die Waldbesitzer:innen werden immer aktiver. Unser Wald gewinnt auch im öffentlichen Diskurs immer mehr an Bedeutung – und wird durch die Arbeit der Menschen, die sich für das Klima einsetzen, immer häufiger auf die Tagesordnung gehoben. Das gibt Grund zur Hoffnung.
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